Piper André Reinhardt Banner

Infos über Dudelsackmusik

Die schottische Dudelsackmusik ist weitaus vielseitiger und komplexer als es der Laie vermuten würde. Viele, die noch keinen Bezug zur schottischen Musik haben, denken bei dem Stichwort Dudelsack zuerst an die Pipebands der schottischen Regimenter, in denen zahlreiche Piper und Drummer zusammen marschieren. Dem entsprechend denken auch viele, die Dudelsackmusik besteht nur aus Märschen und vielleicht noch aus ein paar Tänzen und wenigen allseits bekannten Stücken wie Amazing Grace.

Doch die schottische Dudelsackmusik bietet viel mehr. So findet sich für jeden Anlass die passende Musik, egal ob Hochzeit, Geburtstagsfeier oder Beerdigung. Sie lässt sich unterteilen in Musik zum Marschieren, zum Tanzen und zum Zuhören. Eine andere Unterteilung wäre die, in Light Music und Piobaireachd. Genauere Informationen zur zweiten Unterteilung finden Sie unter dem Stichwort Piobaireachd.

Unter den jeweiligen Punkten finden Sie teilweise auch passende Hörbeispiele. Unter Media finden Sie noch mehr zum Anhören.
Auf dieser Seite werden Sie außerdem auf den ein oder anderen Fachbegriff stoßen, der dem Laien oder Anfänger auf dem Dudelsack unbekannt sein dürfte. Für die meisten dieser Begriffe finden Sie im Glossar eine kurze Erklärung für das bessere Verständnis.

Musik zum Marschieren

Zum Marschieren werden logischerweise Märsche gespielt. Es gibt allerdings ganz unterschiedliche Typen von Märschen:

Retreat-Marches haben immer drei Taktschläge pro Takt und sind daher in der Regel im 3/4 oder 9/8 Takt. Sie sind gut zum zügigen Marschieren wie z. B. bei Paraden geeignet und sind oft etwas einfacher zu spielen.
Green Hills of Tyrol / When the Battle's Over

Quicksteps sind in der Regel im 2/4 oder 4/4 Takt und sind ebenfalls für das zügige Marschieren geeignet. Diese Art von Märschen ist ebenfalls oft einfacher zu spielen.


4/4 Marches: Scotland the Brave / Wings / Rowan Tree

6/8 Marches haben auf Grund ihres Taktes (zusammen mit den 9/8 Märschen) einen anderen Rhythmus als die übrigen Märsche, Compound Time genannt. Dieser Rhythmus verleiht den Märschen einen besonderen Charakter. Außerdem sind 6/8 Marches in der Regel etwas anspruchsvoller zu spielen.

Slow Marches werden nur etwa halb so schnell gespielt als andere Märsche und sind daher für das langsame Marschieren gedacht. Sie haben oft einen 6/8 Takt und sind vergleichweise einfach zu spielen.

2/4 Competition Type Marches sind, sowohl was den Ausdruck betrifft als auch technisch und rhythmisch betrachtet, am anspruchsvollsten zu spielen. Sie sind vom Taktschlag her etwas langsamer als andere Märsche und sind daher weniger für das Marschieren bei Paraden oder ähnlichen Anlässen geeignet. Zwar marschiert der Piper auch bei diesen Stücken, allerdings dient dies eher als Ausdruckshilfe als zur Fortbewegung. Diese Märsche sind Standardstücke bei Wettbewerben, daher der Name.

Nach oben

Musik zum Tanzen

Der Strathspey ist eine absolut typische Form schottischer Musik und ist so in keinem anderen Land zu finden. Er wird für verschiedene Tänze des Highland Dancings verwendet. Typisch für diese Stücke ist die veränderte Gewichtung von punktierten Noten (points and cuts). Die punktierten Noten werden oft länger gehalten als notiert und dafür die kurzen Noten (cuts) noch kürzer gespielt. Wird zuerst die kurze und dann die lange Note gespielt, nennt sich dieses Merkmal Scotch Snap. Der Scotch Snap ist typisch für schottische Musik, wird allerdings nirgends so markant angewandt als bei Strathspeys.
Der Strathspey hat einen 4/4 Takt. Hier wird der erste Schlag stark betont, der zweite und vierte nur schwach und der dritte Schlag erhält eine mittlere Betonung. Dies spiegelt den Bewegungsablauf der Tänzer wider, welche zu Strathspeys oft auf der Stelle springen. Die bekanntesten Tänze zu Strathspeys sind der Highland Fling und der Sword Dance.

Der Reel wird für etwas schnellere Tänze gespielt. Oft wird er, abhängig von dem Tanz, direkt nach einem Strathspey gespielt. Der Reel hat einen 2/2 Takt (alla breve). Wie bei den Märschen gibt es auch Competition Strathspeys und Competition Reels, die nicht ganz so gut geeignet sind zum Tanzen. Diese werden in sogenannten Strathspey/Reel-Sets gespielt und bei Wettbewerben zusammen gewertet. Es gibt auch March/Strathspey/Reel Wettbewerbe (kurz MSR) bei denen alle drei Stücke direkt hintereinander gespielt und auch als zusammenhängendes Set gewertet werden. March/Strathspey/Reels sind die anspruchsvollste Kategorie bei Light Music Wettbewerben.

Hornpipes haben einen 2/4 Takt. Ein weit verbreiteter Tanz ist der Sailor’s Hornpipe, bei dem die Tänzer wie Matrosen gekleidet sind. Die Bewegungsabläufe des Tanzes deuten typische Arbeiten eines Matrosen bei Seegang an Deck an. Für diesen Tanz wird heutzutage oft das Stück Crossing the Minch gespielt.

Die meisten Jigs haben einen 6/8 Takt. Jigs mit einem 9/8 Takt werden auch Slip Jigs genannt. Typisch für Jigs sind die sogenannten Triplets, drei aufeinander folgende Noten, oft mit dem selben Ton, welche durch G-D-E Gracenotes getrennt und betont werden.

Musik zum Zuhören

Kurz gesagt ist alles, was nicht zum Marschieren oder Tanzen gedacht ist, Musik zum Zuhören. Die meisten dieser Stücke sind (Slow) Airs, aber auch Hymnen und die klassische Musik der Great Highland Bagpipe, Piobaireachd genannt, fallen in diese Kategorie.

Nach oben

Piobaireachd

Piobaireachd (gesprochen: Pibroch) ist Schottisch-Gälisch und bedeutet so viel wie Dudelsack spielen (wörtlich: das Pfeifen). Ein anderer Name ist Ceol Mor, Schottisch-Gälisch für die große Musik. Alles, was kein Piobaireachd ist, d.h. sämtliche weiter oben aufgeführte Musik, wird Light Music genannt oder auch Ceol Beag, Schottisch-Gälisch für die kleine Musik.

Piobaireachd wird als die klassische Musik des schottischen Dudelsacks betrachtet, da sie bis ins 16. Jahrhundert zurück geht und sehr anspruchsvoll ist. Es ist die ursprünglichste Musikform der Great Highland Bagpipe. Sie wird traditionell nur solo gespielt und besteht aus einem Melodiethema (Ground oder Urlar genannt) und mehreren, immer komplexer werdenden Variationen. Die meisten Piobaireachd haben am Ende eine Crunluath Variation, welche die anspruchsvollste aller technischen Verzierungen beinhaltet. Am Ende des Stücks kehrt der Piper zum anfänglichen Urlar zurück. Ein Stück dauert zwischen 5 und 20 Minuten, in einzelnen Fällen sogar länger.

Canntaireachd
Der Urlar von Lament for Donald Duaghal MacKay (Chumh Mhic Caoie) im Campbell (Nether Lorn) Canntaireachd.

Piobaireachd wurde lange Zeit nur mittels einer Sing- bzw. Silbensprache, Canntaireachd (gesprochen Kanntroch, Schottisch-Gälisch für Singen) genannt, vermittelt. Piobaireachd wurde erst relativ spät in der modernen Notenschrift notiert und auch heute noch muss diese Musik von einem Lehrer durch Singen oder Vorspielen vermittelt werden. Die geschriebenen Notenwerte können nämlich die exakte Dauer der Töne nicht genau genug wiedergeben. Hierfür wird die Stimme oder das Instrument benötigt. Die Notenschrift ist eher als Gedächtnisstütze während des Lernens gedacht.

Nach oben

Notenschrift

Die Musik des schottischen Dudelsacks wird mit Hilfe des ganz normalen Notensystems notiert. Allerdings gibt es hierbei ein paar Besonderheiten.

Notenschrift
Melodienoten werden mit dem Notenhals nach unten notiert und Gracenotes mit dem Hals nach oben.

Mit dem schottischen Dudelsack kann man nur neun bestimmte Töne spielen. Die Töne, die von Pipern C und F genannt werden, sind genau genommen Cis und Fis, also einen halben Ton höher. Diese, streng genommen, falsche Bezeichnung dieser beiden Töne hat sich bei Pipern einfach über viele Generationen durchgesetzt und die Töne werden auch im Notensystem als C und F notiert. In neueren Notensammlungen werden teilweise die entsprechenden Vorzeichen (#) nach dem Notenschlüssel mit angegeben, sodass auch andere Musiker erkennen können, welche Töne gemeint sind.

Normalerweise hängt es bei der Notenschrift von der Position auf den Notenlinien ab, ob der Notenhals nach oben oder unten geht. Für die Spielweise des schottischen Dudelsacks sind aber die sogenannten Gracenotes essenziell. Diese werden als Zweiunddreißigstel Noten mit Hals nach oben notiert. Die eigentlichen Melodienoten werden mit dem Notenhals nach unten notiert. Gracenotes werden benötigt, um der Musik Ausdruck und Betonungen zu verleihen, da man durch den immer gleich lauten Dauerton keine anderen Möglichkeiten zur Betonung hat. Außerdem werden sie benötigt, um zwei aufeinander folgende Töne der selben Tonhöhe von einander zu trennen.

Gracenotes haben auch nicht die tatsächliche Dauer von Zweiunddreißigstel Noten, sie werden in der Regel kürzer gespielt. Sie werden auch immer ungefähr gleich kurz gespielt, unabhängig davon, wie schnell oder langsam ein Musikstück gespielt wird. Die Dauer von Gracenotes wird von der Dauer der darauffolgenden Melodienote abgezogen. Will ein Musiker ein Musikstück, das für den schottischen Dudelsack notiert wurde, auf einem anderen Instrument, wie z.B. der Geige spielen, muss er die Gracenotes auslassen und einfach nur die Melodienoten spielen.

Der Pitch der Great Highland Bagpipe ist außerdem etwas höher als ein B (Englisch: B flat), d.h. sie klingt in B flat. Will ein anderer Musiker mit einem Highland Piper zusammen spielen, muss er die Noten des Pipers nach B flat transponieren. Bei Scottish Smallpipes oder Borderpipes besteht dieses Problem nicht, da diese in A klingen. Eine genauere Erklärung hierzu finden Sie bei den Infos über den schottischen Dudelsack.

Nach oben